Nicht selten tritt bei Versicherten vorzeitig eine Erwerbsminderung ein oder sie sterben gar, bevor sie fünf Jahre versichert waren. Die häufig geäußerte Meinung, dass vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit kein Rentenanspruch besteht, ist falsch!
Arbeits- oder Dienstunfall
Tritt eine Erwerbsminderung oder der Tod
- infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit oder
- im Dienst als Wehr- oder Zivildienstleistender bzw. als Soldat auf Zeit
ein, gilt die eigentlich erforderliche Wartezeit als erfüllt.
Im Falle des Arbeitsunfalls bzw. der Berufskrankheit trifft das allerdings nur zu, wenn zur Zeit des Arbeitsunfalls bzw. dem Auftreten der Berufskrankheit aktuell Rentenversicherungspflicht vorlag oder in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr mit Pflichtbeiträgen vorhanden war. Damit besteht selbst für Auszubildende schon vom ersten Tag an bei Arbeitsunfällen Invaliditätsschutz und für die Familienangehörigen Anspruch auf Hinterbliebenenrenten.
Freizeitunfall und Früherkrankung
Die allgemeine Wartezeit für einen Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente oder Hinterbliebenenrente für die Witwe (den Witwer) sowie für die Waisen braucht auch nicht erfüllt zu sein, wenn der Versicherte
- innerhalb von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung
- a) durch einen (Privat- oder Freizeit-) Unfall oder
- b) aus anderen Gründen (Krankheit)
- in den letzten zwei Jahren vorher mindestens für ein Jahr Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung aufweist.
Hierdurch wird insbesondere bei Unfällen des täglichen Lebens (Verkehrsunfällen, Unfällen im Haushalt oder während der Freizeit) jungen Versicherten bei voller Erwerbsminderung (nicht bei teilweiser Erwerbsminderung) bzw. bei deren Tod den Hinterbliebenen Schutz in der Rentenversicherung zuteil. Diese Vergünstigung tritt nicht nur bei einer Schul- oder Berufsausbildung, sondern auch bei einer Weiterbildungsmaßnahme ein, wenn sie zeitlich überwog und eine Pflichtbeitragszahlung nicht ermöglichte. Auf den Abschluss der Ausbildung kommt es nicht an.
Rentenbezug vorher
Für die Regelaltersrente braucht die Wartezeit nicht erfüllt zu sein, wenn bis zum 65. Lebensjahr eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen wurde (die ja auch in den vorgenannten Fällen ohne die 60-monatige Wartezeit gezahlt werden können).
Hinterbliebenenrenten, also Renten an die Witwe oder den Witwer bzw. die Waisen, erfordern ebenfalls dann keine allgemeine Wartezeit, wenn der Verstorbene bis zum Tod eine Rente bezogen hat (z.B. weil auch seine Wartezeit als erfüllt galt).